Colours in Köln

Der finnische Klabautermann

Fast 1 1/2 Jahre ist es her, dass wir Tarja Turunen das letzte Mal live erlebt haben. Zum Glück für das deutsche Publikum ist die finnische Ausnahmesängerin sehr reisefreudig und beehrt unser Land regelmäßig für einige Clubkonzerte. Für diejenigen, die nichts mit diesem Namen anfangen können: Seit ziemlich genau 6 Jahren ist die im klassischen Operngesang ausgebildete Tarja Turunen auf Solopfaden unterwegs und veröffentlichte im August diesen Jahres ihr drittes Studioalbum. Vor allem die härteren Rockkonzerte locken das Publikum an, allerdings verleugnet Tarja nicht ihre Wurzeln und gibt meistens in der Vorweihnachtszeit klassische Kirchenkonzerte (leider überwiegend in Finnland).
Das Gloria Theater in Köln wird immer einen ganz besonderen Platz in unserem Herzen haben, begann hier doch vor 4 Jahren unsere Schunkel- und Polkasucht. Dieser ist es gewiß auch geschuldet, dass sich meine Tarja-Begeisterung in den letzten Jahren sehr heruntergekühlt hat. Nichtsdestotrotz wollten wir uns das Konzert in Köln nicht entgehen lassen, wenn Tarja schon in unsere Nähe kommt. Mit dieser Meinung waren wir anscheinend nicht alleine, denn es gab schon mehrere Wochen vorher keine Karten mehr für diesen Abend zu kaufen.

Relativ pünktlich um 18:30 Uhr begann der Einlaß und wir fanden uns vorne links in der zweiten Reihe wieder. Das Gloria ist nicht die größte Location, steigt jedoch von vorne nach hinten langsam an, sodaß man von überall recht gut sehen kann. Ganz am Rand kann man sich an die kuschligen Plüschwände lehnen (für uns schließt sich da thematisch wieder ein Kreis im PLUESCHblog :-P).
Vor dem Hauptact war es jedoch zunächst Zeit für die italienische Gruppe TeodasiA, die für eine halbe Stunde die Halle aufheizen sollte. Dies gelang ihr auch recht gut, jedenfalls sprach der Applaus für sie. Musikalisch waren sie auch wirklich in Ordnung: Melodischer Power Metal mit obligatorischen Keyboards. Allerdings wirkte das Stageacting der Sängerin Giulia etwas überdreht – allerdings durchgehend fröhlich. Die Band schien sich sehr über den wohlwollenden Empfang zu freuen und beendete, über alle 10 Backen strahlend, ihren Auftritt.

Der anschließende Bühnenumbau ging schnell vonstatten und um 20:30 Uhr ging das Licht aus und das Instrumental-Intro von “Deliverance” setzte ein. Nach und nach betraten Tarjas Bandkollegen die Bühne, als da wären: Max Lilja am Cello, Alex Scholpp an Gitarre, Christian Kretschmar an Keyboards, Anna Portalupi an Bass und Mike Terrana am Schlagzeug. Bis auf Anna begleiten alle anderen Tarja schon sehr lange und sind mittlerweile voll aufeinander eingespielt. Zu den ersten Klängen von “In for a kill” betrat Tarja schließlich die Szenerie und wurde euphorisch empfangen. Neben ihrem einzigartigen Gesang ist Tarja auch für ihre verschiedenen Bühnenoutfits bekannt. Komptente Modekritiker, die an dieser Stelle namentlich unerwähnt bleiben, bezeichneten das erste Kleid als “Gardine”.

Weiter ging es mit der zweiten Singleauskopplung des neuen Albums “Colours in the dark”: Dem sehr persönlichen Song “500 Letters”, in dem es um übertriebene Fanliebe geht. Die Setlist bot einen Rundumschlag über ihre bisherigen drei Studioalbum, unter anderem Songs wie “Falling awake”, “Sing for me” oder “Anteroom of Death”, die mittlerweile schon unverzichtbare Bestandteile ihrer Konzerte sind. Tarja bleibt jedoch durchaus flexibel und variiert ihre Setlists oft, sodaß es für die Fans interessant bleibt.
Tarja schien von den euphorischen Reaktionen des Publikums sehr überwältigt und man nahm ihr die Dankbarkeit auch wirklich ab. Sie erwähnte in einer Zwischenmoderation das Konzert 2007 in Köln (hier hatten wir sie auch zum ersten Mal gesehen), welches sie im Rahmen ihrer Warm-up Tour in der Live Music Hall gab. Dies sei eine Zeit gewesen, in der sie jede Unterstützung brauchte und “wir” seien schon damals für sie dagewesen, was sie niemals vergessen würde. In diesem Sinne folgte dann “I walk alone” vom ersten Album “My winter storm”, ein Sinnbild dafür, dass Tarja eben nicht alleine wandelt, sondern sich auf ihre treuen Fans verlassen kann.

Nach “Never enough” bekam dann Tarjas gut aufgelegte Band ihre Solo-Momente und Tarja nutzte die Zeit für einen Kostümwechsel. Für die Ballade “Until Silence” erschien sie im bläulichen Lederrock und Glitzer-Top. Am heutigen Abend gab es eine Änderung in der Setlist, denn “Ciaran’s Well”, eine sehr rockige Nummer des ersten Albums wurde zum Besten gegeben. Das lange Stück “Medusa” war dann das letzte vor der Pause und das Kölner Publikum forderte sich lautstark die Zugaben ein.

Nach kurzer Zeit kam Tarja schließlich im Klabautermann-Regenmantel (O-Ton des unbekannten Modekritikers) zurück und stimmte die erste Single-Auskopplung des neuen Albums an: “Victim of Ritual”. Trotz der Tatsache, dass sie auf mittlerweile drei Alben und somit reichlich Material zurückgreifen kann, verzichtet Tarja dennoch nicht auf Coverversionen in ihren Konzerten. “Wish I had an angel” brachte die Menge erwartungsgemäß zum Toben, allerdings verlangt der männliche Teil des Gesangsparts nach einer kräftigen Stimme wie der von Marco Hietala, obwohl sich Alex alle Mühe gab. “Until my last breath” sollte eigentlich der letzte Song für diesen Abend sein, doch das Publikum gab sich damit nicht zufrieden und jubelte stur weiter. Somit gab es als Bonbon noch Gary Moore’s “Over the hills and far away” und der Abend endete in Partylaune. Alle wollten gar nicht mehr die Bühne verlassen, so angetan waren sie von der euphorischen Reaktion.

Fazit: Tarja und ihre Band boten für 90 Minuten eine tolle Show mit viel Spielfreude und sehr guter Songauswahl. Man merkt allen ihre jahrelange gemeinsame Tourerfahrung an, die Show wirkt sehr flüssig und Tarjas Kostümwechsel sind mittlerweile schnell und unauffällig eingebaut und stören somit nicht den Fluß. Alles richtig gemacht, kiitos Tarja!

Colours in Photos

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Eine Antwort zu Colours in Köln

  1. Dennis sagt:

    So, das klingt doch richtig gut!
    Anscheinend war das Publikum ja voll da und hat so richtig Stimmung gemacht. In der letzten Zeit ist meine Begeisterung für die finnische Dame auch etwas heruntergekühlt. Gerade bei ihrem letzten Album trennen sich Licht und Schatten zu deutlich. Es wäre (viel) mehr drin gewesen. Und so hätte mich Medusa oder Until Silence auf dem Konzert vielleicht sogar gelangweilt.
    Nichtsdestotrotz (und den sehr grenzwertigen Modegeschmack mal außer Acht gelassen) ist Tarja live immer wieder ein Erlebnis und die Fotos (toll übrigens!) sprechen Bände, dass es ihr noch immer Freude macht.

    Tja und dann gibt’s eigentlich nicht viel zu sagen außer: Toller Bericht, tolle Fotos.

    Und Nightwish-Nightwish-Nightwish (für die Google Index Suche) … und weil du es so unglaublich gut geschafft hast deinen Vorsatz in die Tat umzusetzen Nightwish nicht ein einziges Mal zu erwähnen. Steilvorlage für mich!

    ;P

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