Gottesurteile im Sauerland

Nicht aus Pape

Am vergangenen Samstag war es wieder soweit, unser inzwischen tradioneller Elspe-Besuch stand an. Also haben wir wieder unseren Freund Harald eingesammelt und sind Richtung Sauerland aufgebrochen. Dieses Jahr hielt der Besuch zwei Besonderheiten parat. Unsere hessischen Freunde schlossen sich an, uns in den Wilden Westen zu begleiten. Teils um Kindheitserinnerungen aufzufrischen, teils um sich das überhaupt mal anzuschauen. Und dieses Jahr steht Jochen Bludau, der Old Shatterhand meiner Jugend, wieder auf der Bühne um den scheidenden Winnetou Benjamin Armbruster zu ehren.

Aber dazu später mehr, denn vor “Winnetou I” haben wir uns das Rahmenprogramm angesehen. Die Stuntshow ist von dem kleinen Open-Air-Areal in die Festivalhalle umgezogen und dafür fand draußen ein Rodeo statt. Die Entscheidung erwies sich als zweischneidiges Schwert.
Die Stuntshow fing mit einem brennenden Mann an und das war eigentlich schon der Höhepunkt der kleinen “Fight & Fire”-Show. Ein bißchen ermüdend fand ich das Herausfiltern von fünf Freiwilligen aus dem Publikum. Zwar nett, wenn gerade Vati oder die Ehefrau auf die Bühne genötigt werden, aber die Zeit hätte man auch mit einem Stunt mehr füllen können.
Als alter Fan von handgemachten Stunts und Action sehe ich Stuntshows aber immer gerne und möchte diese in Elspe auch nicht missen.
Danach ging es zum anderen Ende des Geländes zum Rodeo. Dort ritten zwei Familien gegeneinander und das Publikum wurde in Fangruppen der beiden Teams eingeteilt. Je nach Ausgang es Durchgangs mußten die Zuschauer entsprechend klatschen, bzw. buhen. Vielleicht bin ich aus dem Zielpublikum herausgewachsen und Kinder finden das super.
Mir persönlich hat es besser gefallen und ich fand es auch spektakulärer, als die Pferde noch Teil der Stuntshow waren und nicht nur um große Dosen geritten sind.
Wegen unseren Freunden wollten wir mit der Eisenbahn über die Bühne fahren, aber wir hatten es uns im Saloon bequem gemacht und die Abfahrzeit vergessen.

Pünktlich sind wir dann zur Hauptbühne rüber. Ich finde es immer wieder beeindruckend, wenn man durch den schmalen, engen Zugang zur Tribüne geht und die Natürbühne immer mehr Platz im Blickfeld beansprucht. Mit der dreizehnten Reihe in Block E saßen wir genau mittig und hatten einen fabelhaften Blick.
Wie schon erwähnt, beendet Benjamin Armbruster dieses Jahr seine über zwanzigjährige Zeit als Winnetou in Elspe. Ihm zu Ehren zog Jochen Bludau, der schon viele Spielzeiten neben Pierre Brice hergeritten ist, seine Westernkluft nochmals an. Zusammen spielten sie im Prolog die Hauptrollen und blickten dann auf ihr erstes Zusammentreffen zurück.
An dieser Stelle übergeben sie den Staffelstab, bzw. Staffelspeer an zwei jüngere Schauspieler und “Winnetou I” beginnt. Die Rolle des Old Shatterhand bleibt dabei in der Familie, denn der Geschäftsführer von Elspe, Oliver Bludau, schlüpft fortan in die Westernkluft und damit in die Fußstapfen seines Vaters. Seinen Blutsbruder spielt Jean-Marc Birkholz.

Die Wirtschaftskrise scheint auch im Wilden Westen angekommen zu sein, denn den Indianern ist die Munition ausgegangen und dadurch roch es an dem Abend nicht so stark wie üblich nach Schwarzpulver. Fällt vielleicht auch nur so stark auf, weil die Indianer letztes Jahr noch einen großen Angriff auf Fort Grant geritten sind und dabei auf beiden Seiten nicht mit Schüssen gegeizt wurde. Radost Bokel, die dieses Jahr ihr Debut in Elspe gibt und Ntscho-Tschi spielt, hatte nur eine kleine Rolle.

Das Einzige, was mir bei der Inszenierung nicht gefallen hat war die Tatsache, daß der Prolog nicht mehr aufgegriffen wurde. Da wird eine Geschichte angefangen und mit einem Cliffhanger beendet. Während des Stückes habe ich mich schon gefragt, wie die Situation aufgelöst wird und wie zwei Showdowns hintereinander passen, aber darauf wurde einfach nicht mehr eingegangen und die beiden Blutsbrüder in der brenzligen Situation belassen. Die Lösung empfand ich als unbefriedigend. Dann hätten die beiden Alten am Anfang auch am Lagerfeuer sitzen und ihre Geschichte erzählen können.
Trotz allem kommt man in Elspe natürlich immer auf seine Kosten, wenn man Live-Action und Pyro-Effekte mag. Die Urgesteine Rolf Schauerte und Meinolf Pape standen wieder in ihren Paraderollen auf der Bühne um die junge Generation einzuarbeiten.

Am Ende kamen dann auch noch mal Jochen Bludau und Benjamin Armbruster aus der Saloontür um sich vom Publikum zu verabschieden. Ich muß ehrlich sagen, daß uns der Abschied nicht sehr bewegt, denn es gibt viele Winnetous, aber nur einen Meinolf Pape. Mit wie viel Energie und Temperament er jedes Jahr aufs neue den Indianer gibt, begeistert uns immer wieder. Seine Präsenz erfüllt die gesamte Bühne. In einem Alter, in dem es andere ruhig angehen lassen und sich langsam auf die Rente vorbereiten, liefert er sich erbitterte Kämpfe, wirbelt durch die Luft und reitet wie der Teufel. Es ist einfach atemberaubend wenn er bei der Verabschiedung freihändig auf seinem Pferd über die gesamte Bühne prescht. Besonders im Vergleich zu Radost Bokel, die es im leichten Trap fast aus dem Sattel gehauen hätte. Man merkt, daß der Mann sein Leben in Elspe auf dem Rücken eines Pferdes verbracht hat, denn Mensch und Tier verschmelzen hier und begeistern zurecht seit Jahrzehnten des Publikum. Wir hoffen, daß Meinolf Pape noch viele Gottesurteile in Elspe erleben wird.

Für nächstes Jahr hat schon der Ölprinz seinen Besuch angekündigt und dann holen wir die Eisenbahnfahrt nach.

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7 Antworten zu Gottesurteile im Sauerland

  1. Eva sagt:

    Das wird ja immer bunter bei Euch, jetzt seid Ihr auch noch im Wilden Westen angelangt. ;- ) Du hast einen gut differenzierten Bericht geschrieben, Holly.
    Komisch! Obwohl ich Karl May gerne gelesen und natürlich alle Winnetou-Filme mehr als nur einmal gesehen und die entsprechenden Schallplatten gefühlte hunderttausend Mal gehört habe, hat es mich noch nie nach Elspe gezogen.

    • Holly sagt:

      Ich tue mich immer schwer, meine Gedanken für Blogeinträge zu ordnen, deswegen freut mich dein Lob ganz besonders.

      Bei mir ist es genau umgekehrt. Ich habe die Bücher nie gelesen, kann mich nur ganz wage an ein paar Winnetou-Filme erinnern, aber nach Elspe bin ich immer gerne gefahren. Vor ein paar Jahren hat uns Harald wieder zu den Indianern gebracht und seitdem nehmen wir das im Sommer immer gerne mit.
      Schnapp dir doch nächstes Jahr einfach ein paar Familienmitglieder und fahrt mal hin. Der Ölprinz liefert bestimmt eine heiße Show. ;- )
      Euch müßte das Motto “Natürlich live” doch eigentlich ansprechen und Fotos kann (dein) man(n) auch machen.
      Allerdings sprechen die Indianer dort schon lange nicht mehr mit französischem Akzent. :- )

      • Eva sagt:

        Bin eher nicht so der Stunt- oder Western-Show-Fan, da hätte mich dann auch kein französischer Winnetou überzeugen können. Ich denke schon, dass es eindrucksvolle Show in imposanter Kulisse ist, aber das trifft halt nicht ganz meinen Nerv … und wir können ja auch nicht überall sein. ;- ) Dein Bericht war trotzdem – oder gerade deshalb – gut zu lesen und interessant.
        Merke aber gerade mal wieder, dass wir in diesem Jahr noch nicht viel Kultur hatten und dabei geht es schon mit Riesenschritten auf den Endspurt 2012 zu … Zeit was zu ändern …

        • Holly sagt:

          Muss ja nicht.
          Unser kultureller Endspurt bietet soviele Möglichkeiten, daß wir aussieben müssen. Wir überlegen sogar, ob wir zu Alice gehen oder nicht. Eigentlich undenkbar!
          Apropos, habt Ihr am 03.11 schon etwas vor? ;- )

        • Eva sagt:

          3.11.??? Was und wo und weshalb???

        • Holly sagt:

          Was? Alice Cooper
          Wo? Frankfurt
          Weshalb? Spaß und gute Musik
          :- )
          Wie erwähnt, wir überlegen auch noch.

        • Eva sagt:

          Hmmm, Frankfurt? Eher nicht. Für dieses Jahr mach ich sowieso keine großen Pläne mehr – zu vieles, was bisland dazwischen gekommen ist. Jetzt lass ich mich einfach nur überraschen, was vielleicht dann doch mal möglich sein wird … alles sehr hypothetisch. ;- )

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