Von Hakenkreuzen und Kalbsrouladen
Die Figur Heinz Becker ist seit mittlerweile 30 Jahren eine feste Größe in Deutschlands Komiklandschaft. Zusammen mit seinem Familienanhang Hilde und Stefan besucht er einen im heimischen Wohnzimmer mit laufenden Wiederholungen im SWR und den übrigen dritten Programmen. Die Folge “Alle Jahre wieder” ist das Weihnachts-Pendant zu “Dinner for one” und jedes Jahr erneut am Heiligabend rauf- und runter im Fernsehen zu sehen. Millionen erfreuen sich am umfallenden Weihnachtsbaum und der langsam eskalierenden Diskussion um die “Christbaumspitz”.Familiär ist in den letzten Jahren nichts neues gekommen, was man jedoch von Heinz Becker solo nicht behaupten kann. Sein Schöpfer Gerd Dudenhöffer ist eine Konstante bezüglich Kabarettprogrammen und kontinuierlich auf den Bühnen der Republik unterwegs. Grund genug, nach 30 Jahren einmal zurück zu schauen und aus dem großen Repertoire beliebte Szenen und Geschichten im Rahmen eines Best-Of Programms zusammenzustellen.
Wie gewohnt im karierten Hemd und Batschkapp kommt Heinz ohne viel Kulissen aus und nimmt, wie auch bei den letzten Programmen, vor einer simplen Fotowand Platz, die ihn einrahmt. Und beginnt, zu erzählen, auf die ihm ganz eigene Weise. Kein Thema ist für ihn tabu: Ausländer, Homosexuelle und Rechtsradikalismus sind vor allen Dingen Teil seiner Gedankenwelt und man merkt dem Publikum an, dass es manchmal nicht weiß, ob es darüber gerade lachen darf oder entrüstet sein soll. Begleitet werden die geistigen Ergüsse von einzigartiger Mimik und Gestik.
Hierbei hält Gerd Dudenhöffer jedem den Spiegel vor und grübelnd geht man gelegentlich in sich und fragt sich, ob man nicht schon selber einmal eine solche Stammtischparole geäußert, oder zumindest schon einmal gedacht hat.
In jedem kleinen Dörfchen gibt es Heinz’e, die in ihren engstirnigen, spießigen Lebenswelten existieren und viel auf die Meinung anderer geben.
Ebenso aktuellere Themen aus den letzten Programmen, die sich um Flüchtlinge und “Schnitzel mit Migrationshintergrund”, denn Zigeuner darf man ja nicht mehr sagen, drehen, dürfen nicht fehlen. Oder waren solche Themen schon jeher immer wieder aktuell und es ändert sich eigentlich nichts? Wenn ein Künstler es schafft, dass der Zuhörer sich dies fragt, hat er als Kabarettist wohl alles richtig gemacht, denn es verdeutlicht die Tiefsinnigkeit, die dahinter steckt.
Absolutes Highlight ist zum Schluss der langsam immer betrunkener werdende Heinz, der über Kalbsrouladen mit Blumenkohl oder Rotkraut schwadroniert (aus dem Programm “WiEderspruch”). Selten hat jemand besser einen “Besoffenen” so überzeugend gespielt, wie er.
Wir hoffen, dass Gerd Dudenhöffer nicht müde wird, neues Material zu schreiben und live zu präsentieren. An Vorlagenstoff dürfte es ihm angesichts der Themen in den Nachrichten nie mangeln. Manchmal braucht man einfach jemanden, der einem zeigt, wie man nicht sein sollte, um selber besser als das zu sein.