Unter Geistern

Bleibt alles anders

Letztes Wochenende war es wieder soweit. Wir sattelten unsere Pferde und ritten in den Wilden Westen. Zum Glück liegt der Wilde Westen wesentlich näher, als man glauben mag, denn er befindet sich im benachbarten Sauerland. Fast seit Menschengedenken ;-) werden dort jedes Jahr die Geschichten von Karl May am Leben erhalten. Das Interesse an den Abenteuern von Winnetou und Old Shatterhand hat seit Erscheinen der Romane nichts von ihrer Anziehungskraft verloren und bringt jedes Jahr nicht nur alte Fans, sondern auch neue ins beschauliche Elspe. Dieses Jahr lockten die Festspiele mit zwei Besonderheiten. Nicht nur ein Geier sollte die Bühne unsicher machen, sondern ebenfalls der renommierte Schauspieler Martin Semmelrogge. Wir waren gespannt.

Irgendwie war dieses Jahr alles ein bißchen anders und trotzdem blieb alles wie gewohnt. So war der der Überfall auf den Zug der Central Pacific Railroad, der jedes Jahr auf’s neue gestoppt wird, direkt im Prolog des Stückes zu sehen. Dort überfiel die titelgebende Gangsterbande die Geier die Bahn. Dabei konnte man einen ersten Blick auf den Anführer werfen, der seine Bande vom Rand des Wasserfalls beobachtete und zusah, wie sie eine mitreisende Familie ermordeten. Der angeschossene und für tot gehaltene Sohn wurde von Indianern gefunden und mitgenommen.

Danach sprang die Handlung ein paar Jahre in die Zukunft, ins Jahr 1885 zu Helmers Home. Sara Helmer betrieb,  eine kleine Farm und Station für Durchreisende, die sie mit Essen und anderen nützlichen Dingen versorgte. Der Junge von einst, war inzwischen zu einem jungen Mann herangewachsen und hörte auf den Namen Bloody Fox, den er von den Indianern erhalten hatte.  Die Suche nach den Mördern seiner Eltern hatte er nicht aufgegeben und suchte immer noch am Llano Estacado nach ihnen.
Die Postkutsche lieferte umgehend ein paar Reisende ab, zu denen nicht nur der alte Bekannte Juggle Fred gehörte, der seine Freunde und die Zuschauer in Elspe mit ein paar Zaubertricks verblüffte, sondern ebenfalls der Mormonenpriester Tobias Preisegott Burton. Auftritt Martin Semmelrogge.

Zu dieser illustren Gesellschaft stießen Old Shatterhand, der auf seinen Blutsbruder wartete und ein paar zwielichtige Gestalten, die Geier. Schnell wurde klar, daß sich hinter der Fassade des Mormonenpriesters der Anführer der Gangsterbande, Weller versteckte. Er gab sich noch nicht zu erkennen, sondern spielte den göttesfürchtigen Mann um Informationen zu erhalten und sich dafür einsetzte, daß Sara ihre Munition den Geiern gab.

Winnetou ritt auf die Bühne und wurde Zeuge eines schlechten Omens, denn wenn sich Cochise sehen läßt, bedeutet es drohendes Unheil. Auftritt Geier.
Der soviel beworbene Geier flog einmal über die komplette Naturbühne. Da Geier sehr energiesparend und nie höher als nötig fliegen, flog der Geier Jack auch in seiner Rolle als Cochise nur knapp über dem Boden, daher war der Flug weitaus unspektakulärer als angenommen. Später durfte er noch einen zweiten Auftritt bestreiten und einmal zum Wasserfall fliegen.

Winnetou fand den Weg zu Helmers Home und seinem Freund Old Shatterhand. Und wie bei Bud Spencer und Terence Hill dauert es auch bei diesen beiden Haudegen nicht lange, bis es zu einem Faustkampf kommt. Und so bekommen die Geier ihre erste Abreibung. Als sie später die Farm überfallen wollen, sind es aber nicht die beiden Blutsbrüder, die das verhindern, sondern ein in schwarz gekleideter Geist. Generell hatte Winnetou dieses Jahr relativ wenig zu tun, stand doch Bloody Fox eher im Mittelpunkt. Quasi ein junger Old Shatterhand. Selbst der Komantschenhäuptling Schiba Bigk, der später das Kriegsbeil gegen die Weißen ausgräbt, läßt sich auf keine Diskussion mit dem Apachen ein, sondern zeigt ihm die kalte Schulter und schickt ihn weg. War das doch sonst immer die Stelle eines Kampfes im Stück. Später bekam Winnetou dann natürlich noch die Chance, seine Überlegenheit im Zweikampf zu demonstrieren, aber vom sonst immer angerufenen Gottesurteil war dieses Jahr keine Rede. Fast, als wolle man gezielt Vergleiche zu dem heimlichen Star der Bühne, Meinolf Pape, der letzte Saison nach 50 Jahren in den Ruhestand geritten ist, vermeiden. Wir hatten das auch vor, aber es fällt schwer. Tim Eberts Häuptling ist im Vergleich doch etwas blass und er strahlt nicht die Energie und das Charisma seines Vorgängers aus. Aber schauen wir mal, wie er sich in fünfzig Jahren schlägt, dann ist ein Vergleich fairer. :-)

Vielleicht liegt Winnetous Kürzertreten an Martin Semmelrogge, der als Weller mehr Zeit auf der Bühne verbringt, als für Bösewichte üblich. Zumindest bekommt man den Eindruck. Er spioniert, noch immer in Verkleidung als Mormonenpriesterm, einen Treck aus, angeführt von Markus Lürick. Markus Lürick spielt in den letzten Jahren immer die lustigen Nebenrollen, dieses Jahr den schottischen Diamantensucher. Er kann sich mit seiner sympathischen Art neben seinem bekannten Kollegen beweisen, der ihn später mit seiner Bande entführt.

Winnetou und Old Shatterhand verfolgen die Geier zusammen mit Bloody Fox und stellen diese am Wasserfall. Vor Wasserfall ist in diesem Jahr eine Hängebrücke installiert, von der aus Weller seine letzten Worte ausstößt, bevor er von Bloody Fox zur Strecke gebracht wird. Von einer Explosion, die die Hängebrücke teilt, wird Weller in die Tiefe gerissen. Bloody Fox hat den Tod seiner Eltern gerächt. Nebenbei gab er sich als Geist zu erkennen, entsorgte das schwarze Kostüm und schloß Sara in die Arme. Happy End, zu dem Winnetou und Old Shatterhand dieses Jahr sehr wenig beigetragen haben. Es mag ein subjektiver Eindruck sein und ist auf keinen Fall als Kritik gemeint, denn auch 2014 erfüllt Elspe wieder alle Erwartungen an eine unterhaltsame Vorstellung, mit reitenden Indianern, spannenden Faustkämpfen, knallenden Schusswechseln und einem sprudelnden Wasserfall zum Finale.

Wie gewohnt ritten alle Beteiligten unter dem Jubel der Zuschauer zum Schluß über die Bühne. Traditionell werden die Helden beklatscht und die bösen Buben ausgebuht. Als Martin Semmelrogge auf die Bühne ritt und dem begeisterten Publikum mit seinem Hut zuwinkte, war sich das Publikum unsicher ob es klatschen oder buhen sollte. Es war ein komischer Mischmasch zu vernehmen, der aber die Begeisterung nicht verhehlen konnte. Verdient war die Anerkennung auf jeden Fall. Die begeisterten Zuschauer strömten zum Ausgang und die Schauspieler in die Gaderobe. Da es die ganze Vorstellung über geregnet hatte, waren sie sicherlich froh, aus den nassen Kostümen zu kommen.

Wir reiten nächstes Jahr wieder in den Wilden Westen und können nur jedem empfehlen, auch einmal das Pferd zu satteln und das Navi an der Satteltasche auf Elspe einzustellen. Howgh! :-)

Fotourteile

 

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Eine Antwort zu Unter Geistern

  1. Steffen sagt:

    Wieder mal ein sehr schöner Blogeintrag und wirklich gelungene Bilder.
    Man könnte fast meinen dabei gewesen zu sein ;- )
    Ich hoffe der Geier hat sich inzwischen bei euch eingelebt und wurde erfolgreich von der Couchgang aufgenommen? Hoffentlich vermissen die Elspe-Veranstalter die diesjährige Titelfigur nicht.

    In diesem Sinne ein freundliches Howgh zurück!
    Steffen

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